»Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk«
Pressemitteilung vom 30.01.2009

Neuordnung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes nach dem SGB XI

Statement zur Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums vom 29.01.2009 – u.a. vorgestellt unter http://www.wernerschell.de (Rubrik Aktuelles)

Aktuell überschlagen sich die verschiedenen Sozialverbände und Medien mit Meldungen bezüglich der geplanten Neuordnung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes im SGB XI. Es wird überwiegend so getan, als würde sich nun alles zum Guten wenden. Tatsache ist aber auch, dass die Neuordnung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes bereits bei der Pflegereform 2008 hätte erfolgen können und müssen. Die „Große Koalition“ hat sich aber an den notwendigen strukturellen Veränderungen im SGB XI vorbei gedrückt. Es ist daher eher eine vorsichtige Einschätzung der Vorschläge und des zu erwartenden politischen Handelns geboten.

Es wurden bereits im Dezember 2008 unter http://www.wernerschell.de / Aktuelles folgende Hinweise gegeben:

ABSCHLUSSBERICHT – Endfassung

Maßnahmen zur Schaffung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines neuen bundesweit einheitlichen und reliablen Begutachtungsinstruments zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI – Oktober 2008 - Näheres hier

Im Forum gibt es seit längerer Zeit eine Diskussion und mittlerweile zahlreiche Beiträge in folgenden Rubriken:

Neue Pflegereform: fünf statt drei Pflegestufen

Pflegebedürftigkeitsbegriff - Neufassung geboten

Die Neuordnung des Pflegebegriffes ist also schon länger in der Diskussion.

Tatsache ist, dass die geplante Neuordnung gravierende Veränderungen im Gesundheits- und Pflegesystem bringen wird. Es wird offensichtlich viele neue Pflegestufenzuordnungen geben. Richtig und notwendig ist, dass die dementiell erkrankten Menschen einbezogen werden. Dafür werden aber andere pflegebedürftige Personen ihre bisherige Pflegestufe verlieren. Zu fragen ist schon jetzt nach einer Besitzstandswahrung.

Die euphorische Stimmung in den bisherigen Statements muss aber gedämpft werden. Es gibt bereits deutliche Erklärungen aus dem politischen Bereich mit dem Tenor: Neuordnung ja, aber es darf nicht mehr kosten. Eine Neuordnung ohne finanzielle Aufwertungen hätte aber fatale Folgen und darf so nicht kommen.

Wir müssen die Pflegenotwendigkeiten umfassend definieren und durch Leistungsansprüche absichern. Erst danach ist die Finanzierungsfrage zu stellen und zu beantworten. Möglicherweise wird alles wesentlich teurer. Wenn eine solche Finanzierung über das solidarische Pflegesystem nicht machbar bzw. durchsetzbar ist, müssen die BürgerInnen entsprechend informiert werden. Ihnen muss dann klipp und klar gesagt werden, dass sie in eigener Regie individuelle Vorsorge zu treffen haben.

An solchen klaren Aussagen hat es bisher gemangelt. Nur allmählich haben die Verantwortlichen eingestanden, dass die Pflegeversicherung nur eine Art „Teilkaskoversicherung“ ist und die von Pflegebedürftigkeit betroffenen Personen kräftig zuzahlen müssen. Am Ende stand und steht nicht selten der Abstieg in die Sozialhilfeabhängigkeit und die Heranziehung unterhaltspflichtiger Personen (z.B. Kinder).

Nach all dem:

Zukünftig sollte klarer und deutlicher über die demografische Entwicklung und die Finanzierungsgegebenheiten informiert werden. Halbwahrheiten dürfen nicht mehr zugelassen werden.

Werner Schell, Dozent für Pflegerecht und Vorstand "Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk", Harffer Str. 59, 41469 Neuss – Telefon 02131 /150779 – http://www.wernerschell.de

Der vorstehende Text ist zur Veröffentlichung freigegeben!